Franz Schubert: Die Forelle

By Wolfgang Keller
Originally written 2021-11-03
Based on a text originally written 2015-10-17
Last modified 2021-11-03

Laut Die Forelle – Wikipedia [published 2021-06-08; visited 2021-11-03T00:16:55Z] existieren von dem von Franz Schubert komponierten Lied „Die Forelle“ fünf verschiedene Fassungen. Den Text dieses Liedes bilden die ersten drei Strophen eines vierstrophigen Gedichts von Christian Friedrich Daniel Schubart.

Christian Friedrich Daniel Schubart schrieb das zugrunde liegende Gedicht zwischen 1777 und 1783 während seiner bis 1787 dauernden Gefangenschaft auf der Festung Hohenasperg. In der Fabel der Forelle symbolisierte er sein eigenes Schicksal. Um die allzu offensichtlichen Parallelen zu verstecken, deutet eine vierte Strophe die Fabel zu einer Warnung vor Verführern junger Mädchen um.

Zum Schicksal Schubarts, auf welches das Gedicht Bezug nimmt:

Weil er den Verkauf von württembergischen Landeskindern für Englands Kolonialkriege anprangerte und Carl Eugens Mätresse Franziska von Hohenheim als „Lichtputze, die glimmt und stinkt“ verspottete, lockte man ihn zwei Jahre später mit Hilfe eines Spitzels nach Blaubeuren, um ihn auf württembergischem Territorium verhaften zu können (siehe: Schubartstube). Als man ihn im Februar 1777 auf die Bergfestung Asperg brachte und in den Kerker warf, waren der Herzog und Franziska zugegen, denn diese Genugtuung wollten sich die beiden Gekränkten nicht entgehen lassen.

Zehn Jahre lang war Schubart das Opfer absolutistisch motivierter Umerziehungsmaßnahmen. Er durfte in seinem Turmverlies keinerlei Besuch empfangen, das Lesen und Schreiben war ihm in den ersten Jahren verboten. Trotz zahlreicher Fürbitten vieler Freunde in ganz Deutschland, die Gedichte über ihn schrieben und ihn (wie z. B. Johann Gottfried Herder) als Freiheitshelden und Märtyrer feierten, wurde er von Carl Eugen erst im Mai 1787 wieder freigelassen – vor allem angesichts der Einmischung Preußens.

An der Kompositionsform, welche Schubert wählte und keine Ergänzung um eine vierte Strophe zulässt, lässt sich klar erkennen, dass Schubert von der Bedeutung genau wusste:

Franz Schubert wusste also wohl eine Generation später von der inhärenten Bedeutung des Gedichts und komponierte das Lied so, dass die vierte Strophe nicht vertont wurde und aufgrund der Komposition auch nicht mehr angefügt werden konnte: Die ersten beiden Strophen, in denen von der Beobachtung einer Forelle im klaren Bach und dem vergeblichen Warten des Anglers erzählt wird, bestehen aus einer Reprise des Hauptmotivs, die dritte Strophe ist dann unterteilt in einen dramatischen Part, in dem der Bach getrübt und die Forelle gefangen wird, und eine weitere Reprise, die die Beobachtung dieses Akts und die Deutung des Beobachters enthält. Somit bildet das Lied eine geschlossene Kompositionsform A–B–A′, die eine Erweiterung um die vorhandene vierte Textstrophe unterbindet.

Ein Schelm, wer Parallelen zwischen dem in diesem Lied vertonten Schicksal Schubarts und dem weiterhin aktuellen Fall Julian Assange sieht.